
Ein Hoch auf die leichten Weine!
Geht es Ihnen nicht auch so, dass es viele Gelegenheiten gibt, bei denen Sie einfach ein Glas Wein trinken möchten? Also ohne das passende Essen, ohne Gedöns - und am liebsten mit wenig Alkohol. Die Geheimwaffe sind unsere regionalen Schmankerl: Gutedel und Trollinger!
Der Reparaturwein!
Nicht selten passiert es mir, dass in großen nördlich gelegeneren Städten, die Weinliebhaber so gar nichts mit Gutedel und Trollinger anfangen können. Wenn ich Ihnen dann erst einmal von der Bekömmlichkeit dieser Weine erzähle, werden die Weingenießer schon sehr viel aufmerksamer. Und mal Hand aufs Herz, wenn Sie nach einem besonderen Abend (kann auch eine ausgiebige Weinprobe sein) nach Hause kommen, und noch ein bissl‘ mit Ihrem Partner / Partnerin erzählen, möchten Sie vielleicht auch noch ein Schlückle Wein dazu trinken. Gutedel oder Trollinger sind dann die idealen Bettkantenschluckerl. Ehrlich, leicht, bekömmlich…selbst wenn Sie noch die Flasche austrinken, geht es Ihnen m nächsten Tag gut.
„Der Markgräfler“
Oft habe ich überlegt, warum die italienischen Weine bei uns so erfolgreich sind. In der Regel sind sie unkompliziert, trocken ausgebaut, etwas leichter und mit weniger Säure. All das sind auch die Attribute des Gutedels. Durch seine späte Traubenreife kann der Gutedel selbst in sehr heißen Jahrgängen mit 11,5 % Volumenprozent auftrumpfen. Mit seiner geringen Säure ist er dabei für jedermann sehr bekömmlich. Natürlich muss er jung und frisch getrunken werden, und es wird auch kein großer Wein mit Spätlesequalität und Barriqueausbau werden, aber solche wunderbaren Alltagsweine suchen wir doch ständig. Gutedel lässt sich wunderbar „solo“ trinken, zum Vesper, zum Feldsalat mit gehackten Nüssen, aber mein Highlight ist und bleibt Linzertorte mit Gutedel! Wenn im Herbst die Nüsse reif sind, werden im Markgräflerland die besten Linzertorten gebacken. Und der Gutedel lässt sich immer leicht an seinem wunderbaren Duft an Nüsse und Mandeln erinnernd erkennen. Da können Sie sich doch die Kombination sicher gut vorstellen – einfach ein köstliches Erlebnis!
Nur schade, dass der Gutedel bei uns nur im Markgräflerland angebaut werden darf. In den nördlichen Weinbauregionen wie Sachsen und Saale-Unstrut wird er auch kultiviert.
Es ist im Übrigen die einzige Rebsorte, die meines Wissens einer ganzen Region den Namen verliehen hat. Als gegen Ende des 19. Jahrhunderts der Markgraf von Hachberg-Sausenberg die ersten Rebenstecklinge vom Genfer See ins Südbadische brachte, war man so begeistert, dass man ihn sogar als reinen Satz anbaute. Üblich war zu dieser Zeit der „gemischte Satz“, so standen im Rebberg Traminer, Silvaner und Burgunderreben zusammen, und sie wurden auch gemeinsam gelesen und ausgebaut. Der rebsortenreine Wein – der Markgräfler - erfreute sich schnell so großer Beliebtheit, dass die Region den Namen Markgräflerland erhielt.
In der benachbarten Schweiz ist der „Fendant“ oder „Chasselas“, wie sie dort heißen, einer der teuersten und hochwertigsten Weine. Im Elsass bekommen Sie ihn ebenfalls unter der Bezeichnung „Chasselas“ – dort gilt er aber auch als Wein für jeden Tag.
Genetischer Fingerabdruck
Ich finde es mega spannend, dass wir bei den Reben heute den genetischen Fingerabdruck nehmen können! So gilt der Gutedel bei den Amphelographen als eine der ältesten Rebsorten. Man geht davon aus, dass er schon im alten Ägypten erfolgreich angebaut wurde.
Bei einem Spaziergang durch die Reben werden Sie ihn leicht an seinen großen Beeren erkennen, die sich auch zum Essen hervorragend eignen.
Wolpertinger
Das war ein bisschen gemein: für eine Weinserie im SWR haben wir auf der Straße ein paar Passanten das Mikrofon hingehalten und gefragt, was ihnen spontan zum Trollinger einfällt. Tatsächlich rutschte einem Polizisten, der sich später als großer Weinkenner entpuppte, „Wolpertinger“ heraus! Wie Sie sich denken können, wurde es zum „Brüller“ – und wir haben es oft gesendet!
Das Problem ist ähnlich wie beim Gutedel, Trollinger ist fast ausschließlich in Württemberg anzufinden, und entsprechend bei vielen Weingenießern gänzlich unbekannt. Und ja – der Trollinger entspricht nicht ganz dem typischen Rotwein. Eine Heilbronner Winzerin sagte mir, der Trollinger ist kein Rotwein, aber ein roter Wein. Also eher hellfarbig. In Spanien würde er als Rosado – sprich als Roséwein gesehen werden (deren Rosé sind auch extrem dunkelfarbig…). Trollinger hat meist ein sehr fruchtiges Bukett – wie an Beeren erinnernd, wenig Tannin, etwas frischere Gerbsäure und weniger Alkohol. Aber wie gesagt, dafür ist er sehr bekömmlich, beschwert nicht und man kann ihn eigentlich zu jeder Tages- und Nachtzeit trinken. Ich mag ihn am liebsten zwei Grad kühler, bei circa 16° C, dann schmeckt er noch fruchtiger und frischer. Perfekt zum Beispiel, wenn Sie einen Trollinger beim nächsten Picknick in ein nasses Handtuch einschlagen, so bleibt er auch etwas kühler. Dazu ein Vesper, eine regionale Spezialität wie Kutteln oder einfach „pur“ genießen, praktisch eine Allzweckwaffe.
In Südtirol bekommen Sie ihn unter der Bezeichnung „Vernatsch“ und dort ist er der Renner auf den Hütten. Ob als Kalterersee, St. Magdalener, etc. - es ist immer Trollinger.
Anspruchsvoll
Ein bisschen verwundert es, dass der Trollinger im Rebberg sehr anspruchsvolle Lagen benötigt. Durch seine späte Reife, liebt er die sonnenverwöhnten Rebhänge. Wie beim Gutedel bleibt auch in heißen Jahrgängen der Alkoholgehalt eher moderat. Es ist natürlich ein Tropfen, der jung getrunken werden muss – und immer recht unkompliziert daher kommt.